Vereinsgeschichte

Ludwig Thoma

Ludwig Thoma
Foto: Florian Lang

Die Verbundenheit Dachaus mit dem Namen des Dichters und Literaten Ludwig Thoma resultiert aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in Dachau von 1894 – 1897.

Nach Abschluss des Jurastudiums und anschließendem Referendariat in München eröffnete er im Oktober jenes Jahres eine Anwaltspraxis in der Dachauer Altstadt. Die Ausübung seines Berufes brachte ihn in engen Kontakt sowohl mit den Einwohnern der Stadt als auch mit der Landbevölkerung der umliegenden Gemeinden. Aus diesem Umfeld schöpfte er die Besonderheiten vieler Charaktere, wie sie in einer großen Anzahl der Werke seines literarischen Schaffens im Rahmen des speziellen Lokalkolorits dargestellt wurden.

 

Natürlich dachte niemand daran während seiner Anwaltszeit eine „Thoma-Gemeinde“ zu gründen. Erst durch die Aufführungen seiner bäuerlichen Einakter und die Publikationen im „Simplicissimus“ wurde Thoma weit über Bayerns Grenzen hinaus bekannt. Nicht ohne Stolz erinnerten sich viele Dachauer an den „Doktor“, speziell natürlich seine Jagdfreunde und ehemaligen „Tarockbrüder“.

Das „Rauffer-Haus“ in der Altstadt, welches seine Kanzlei beherbergte, wurde mit einer Erinnerungstafel versehen und durch Beschluss des Dachauer Magistrats vom 16. November 1928 wurde die „Steinmühlstraße“ in „Ludwig-Thoma-Straße“ umbenannt, heute ein Hauptstraßenzug im Stadtbild Dachaus. Zum 65. Geburtstag des Dichters folgte ein Ludwig-Thoma-Gedenkstein, später ein Ludwig Thoma-Café, sowie ein Ludwig-Thoma-Haus und eine Ludwig-Thoma-Kapelle. Aus dem gleichen Interesse vieler „Honoratioren“, welche freundschaftlich verbunden waren, entstanden zunächst die „Leseabende“, welche die eigentlichen Vorläufer der späteren Ludwig-Thoma-Gemeinde waren. Die wachsende Zahl der Interessenten ließ auch aus organisatorischen Überlegungen den Ruf nach der Schaffung eines Vereins laut werden.

Im Jahr 1932, in welchem auch der Gedenkstein aufgestellt wurde, erfolgte die Gründung des eingetragenen Vereins, dessen Eintragung ins Vereinsregister des Amtsgerichts Dachau am 5. April 1932 beurkundet wurde. Kernpunkte der Vereinssatzung waren, das Andenken an den Mundartdichter und seine Werke in Form von Leseabenden und Theateraufführungen zu fördern und zu bewahren. Im „Zieglerbräu“, dem ehemaligen Stammlokal Thomas, wurde durch die Künstler August Kallert und Carl Olof Petersen ein Nebenzimmer in eine gemütliche „Ludwig-Thoma-Stube“ verwandelt, als Treffpunkt für die von nun an regelmäßig stattfindenden Thoma-Abende.

Foto: Gertrud Beckmann

Ludwig Thoma Gedenkstein
Foto: Gertrud Beckmann

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Das Gründungsjahr 1932 war voller Aktivitäten. Als erste Stücke wurden „Gelähmte Schwingen“, „Die kleinen Verwandten“ und „Erster Klasse“ in den Theater-Spielplan aufgenommen. Die Weihnachtsfeier in jenem Jahr wurde durch die Lesung der „Heiligen Nacht“ gekrönt. Die NS-Zeit in den folgenden Jahren wirkte sich negativ auf das Vereinsleben aus. Trotz der Einflussnahme der Nationalsozialisten wurde versucht, die Selbständigkeit weitgehend zu wahren. Die Mitgliederzahl ging rasant und in großem Umfang zurück. Der 2. Weltkrieg brachte schließlich jegliches kulturelle Leben zum Erliegen.

Nach dem Krieg dauerte es etliche Jahre, bis sich die verbliebenen Vereinsmitglieder wieder zusammenfanden. Mitte der 1950er Jahre nahm man mit Dichterlesungen und Einaktern den kulturellen Betrieb wieder auf. Einen erheblichen Zuwachs an Mitgliedern brachten in den 1970er Jahren die „Oberdinghartinger Feste“. Hatte man bisher ausschließlich Einakter ins Programm genommen, so wagte man sich nun zunehmend auch an die mehraktigen Stücke Thomas. „Magdalena“, „Der alte Feinschmecker“ oder auch „Die Lokalbahn“ wurden auf die Bühne gebracht.

Die Veröffentlichungen 1989 von Thomas antisemitischen Beiträgen im „Miesbacher Anzeiger“ und die Erkenntnis, nicht nur an Thoma haften bleiben zu wollen, führten zu einer Neuorientierung des Vereins. Weitere deutschsprachige Dichter und Literaten wurden ins Repertoire für Lesungen, Theateraufführungen und Paradeisl-Abende aufgenommen, wie z.B. Valentin, Achternbusch, Nestroy, Rilke, Krötz oder Horvath. Die Verdienste des Vereins für das kulturelle Leben in der Stadt wurden 1999 durch die Verleihung des Kron-Maus-Kulturpreises der ÜB Überparteilichen Bürgergemeinschaft Dachau e.V. gewürdigt.

Mit dem 2017 uraufgeführten Theaterstück “Thoma – eine Selbstzerstörung” von Norbert Göttler fand anlässlich des 150sten Geburtstags Ludwig Thomas auf der Bühne eine kritische Auseinandersetzung mit der zwiespältigen Persönlichkeit des Namengebers des Vereins statt.